Besuch ³

Was wir mit dem nächsten Tag anfangen bleibt lange unklar. Ich kann mich noch immer schlecht von dem Gedanken verabschieden, dem Touristen irgendwelche Touristendinge bieten zu müssen. Auf der Suche nach klimatisierten Optionen drängt sich das Bergbaumuseum auf. Heute Morgen jedoch fehlt uns ganz offensichtlich die Energie für noch einen Museumsbesuch und ich schlage vor, uns eine kühle Stelle an einem Bach im Wald zu suchen. 

Mit Blick auf zurückliegende Komoot- Runden fällt die Auswahl auf eine kurze aber bergige Tour, die einen breiten Bach in einem tiefen, feuchten Wald und sogar einen Miniaturwasserfall verspricht.

Die Fahrt in den Wald bietet wie auch die letzten Autofahrten eine gute Gelegenheit, Überschneidungen in Sachen Musikgeschmack zu entdecken. Ich erquengele mir eine Playlist  freue mich, nach längerer Zeit mal wieder neue Musik für mich zu entdecken und glänze für Thom wohl überraschend mit einiger Textsicherheit uralter Keimzeit- Songs. 

Leider ist das, was im Winter ein rauschender Bach war, nur noch ein trauriges Rinnsal und das, was ich als kühlenden Wald in Erinnerung hatte nur noch ein von Trockneheit und Borkenkäfer gebeuteltes Stück Brachland. Trotzdem sitzen wir hier recht lange auf einer Bank, lassen den Hund die Pfoten kühlen und gerate ein bisschen ins Plaudern. Erst nach einer ganzen Weile raffen wir uns auf und ich stapfe schweigend und wegen der Streckenauswahl mit einem ziemlich schlechten Gewissen den bevorstehenden Anstieg voran. 

Auf ungefähr halber Spazierstrecke suche ich auf dem Handy nach einer Abkürzung und stolpere dabei ziemlich ungeschickt über meine eigenen, schwitzenden Füße, was zur Folge hat, dass ich, umgeben von einer faszinierenden Staubwolke, rücklings auf den Feldweg purzele. Von der ungeschickten Showeinlage peinlich berührt schleiche ich, das linke Knie aufgeschlagen wie ein Kind, dem man am Fahrrad heimlich die Stützräder hochgebogen hat, neben Thom her und wir überlegen, wie er mich, wenn ich mir ernsthaft wehgetan hätte, aus dem Wald hätte schleppen wollen. Meine Theorie bleibt am Ende, dass er mich entweder zurückgelassen und allein den Rückweg gesucht oder sich zu mir gesetzt und sich und den Hund wochenlang von mir ernährt hätte. So weit allerdings sollte es zum Glück nicht kommen.

Stattdessen müssen wir uns, hungrig, staubig und abgekämpft, wie wir sind, tatsächlich noch ums Abendessen kümmern. Thom steht der Sinn nach einer biergartenartigen Außengastro. Er findet, sowas sollte hier, zwischen Talsperren und Wanderwegen, doch problemlos machbar sein. Wochentags an einem frühen Nachmittag habe ich allerdings überhaupt keine Idee, wie sich dieser Wunsch erfüllen lassen könnte. Mein sonst todsicherer Telefonjoker geht nicht an sein Handy. In einem der umliegenden Dörfer in der Innenstadt ein Straßencafé zu besuchen fällt wegen der Temperaturen in der Nähe asphaltierter Flächen jedenfalls aus. Am Ende entscheiden wir uns dann komplett anders und tragen vier Hände voll mit Tiefkühlfisch und Salat aus einem Supermarkt. 

Den Abend verbringen wir, bevor und nachdem der Ninja uns den Fisch frittiert hat, in der Küche und auf der Terrasse. Am Ende können Tanja und ich Thom sogar noch mit etwas freundlichem Druck dazu überzeugen, sich mit uns an die Lösung eines Krimispiel- Falls zu begeben. So richtig kann ich seine Haltung zu dieser Form der Abendgestaltung bis zum Schluss dabei nicht deuten. Für einen überzeugten Eigentlich- Nicht- Mitspieler allerdings scheint er recht wohlgelaunt. 

Mit Blick auf die Wettervorhersage beschließt Thom, am nächsten Morgen schon vor dem Berufsverkehr und erst recht vor möglichen Hitzegewittern das Ruhrgebiet verlassen haben zu wollen. So kommt es, dass am Mittwoch schon vor sechs Uhr vorsichtig ein großes Motorrad rückwärts aus dem Carport geschoben und die Koffer mit Kaffee- und Wasserreserven gefüllt werden.

Wie schön, dass du hier warst, Thom! Wie schön, so entspannten, spontanen, unkomplizierten und zugewandten Besuch wie dich zu haben. 

Ich weiß, ich hab das jetzt schon mindestens dreimal versprochen, aber diesmal stimmt es wirklich: wenn du wiederkommst darf ich dir auf zwei Rädern durch die Kurven des Bergischen Landes folgen. Oder vielleicht auch mal schon ein Stück voraus fahren. Ich freu mich drauf. Sehr sogar.

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