Theorie II

Schon wieder Zoom. Heute fühle ich mich allerdings wie ein kleiner Profi. Einloggen. Muten. Schlau gucken. Ich bin im Zoom- Game angekommen.

Der Fahrlehrer stellt die Inhalte des Abends vor, und, ich will ehrlich zu euch sein: Ich bin mittelmäßig gelangweilt. 

Vielleicht liegt es daran, dass ich beruflich so eng mit dem Straßenverkehr und dessen Tücken zu tun habe, vielleicht kommen mir die hunderten durchgeklickten Theoriebögen zugute. Oder ich bin einfach wahnsinnig clever. Vielleicht liegt die Wahrheit auch irgendwo dazwischen.

Als es um die für Moppedfahrer wichtigsten Verkehrzeichen geht, werden mir die Synapsen schwer und ich erwische mich, wie ich abseits der Kamera heimlich am Handy WhatsApps schreibe. Als die Frage nach bedeutsamen Verbotszeichen aufkommt lasse ich mich dazu hinreißen, gelangweilt „Vz 250“ in den Chat zu tippen, um ein bisschen anzugeben. Ab jetzt bin ich also nicht mehr die mit der gestreiften Tapete sondern die Klugscheißerin. Die Fahrlehrerin, die den Chat moderiert, bescheinigt mir ein Fleißbienchen. Ich bin relativ sicher, sie dabei die Augen verdrehen zu sehen.

Mit zunehmender Unterrichtsdauer leeren sich die Gesichter der Fahrschüler. Es ist Freitagabend, 21.00 Uhr. Einige dürften eine lange Woche hinter sich haben. Der Mann im Bild neben meinem, der zu Beginn des Abends noch angeregt auf seinem Bürostuhl hin und her ranschtelte, bekam eben von seiner Frau Schnittchen und Bier an den Schreibtisch gebracht und ich weiß nicht, ob ich diese Kaltschnäuzigkeit feiern oder den Kopf schütteln soll. Nach dem zweiten Pils zieht er den Schlapphut ins Gesicht und vergräbt es in seinen aufgestützten Händen.

Der Fahrlehrer verbreitet unbeirrt Schwänke aus dem schier unerschöpflichen Fahrlehrerschwankrepertoire. Gestern kamen die irgendwie besser an. Heute sind hier alle sehr, sehr müde. 

Zuletzt geht es um die für Moppedfahrer zuweilen zermürbende Wirkung langer Autobahnfahrten. Treffender kann der Abend nicht enden, denke ich, mit Blick auf den Schlapphut im Bild neben mir. Den Mann dahinter können wir nicht mehr sehen, seit der den Kopf auf dem Schreibtisch abgelegt hat. Auf Ansprache reagiert er nicht. Auch nicht auf laute. Im Chat wird beschlossen, ihn nicht rauszuwerfen. Eine Frau merkt an, man könne ja auch im Schlaf lernen. Sie hätte sich früher schließlich auch Matheformeln unters Kopfkissen gelegt.

Als der Fahrlehrer den Abend beschließt und abfragt, wie es uns gefallen hat, wird der Biermüde pünktlich wieder wach und hebt überschwänglich beide Daumen. 

Auch ich bin zufrieden.

Der Dicke war die ganze Zeit gemutet. 

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