Als könnte man nicht fürs Campen schon genug Geld ausgeben habe ich mir jetzt also auch noch ein zweites Hobby gesucht, das mein Sparschwein arg zittern lässt Bevor ich rauf kann, aufs Motorrad, muss natürlich Kleidung her. Hatte ich erwähnt, wie ungern ich in Geschäften einkaufe? Schlimmer als Klamotten anprobieren zu müssen ist dabei nur, auch noch Beratung zu brauchen. Ich hasse alles daran. Besuche in Motorradzubehörfachgeschäften sind also eine gute Gelegenheit, mein Service- Lächeln und eine gespielte Lockerheit zu üben. Setzt also mit mir gemeinsam euer bestes Zahnputzlächeln auf und folgt mir dahin, wo alles sich auskennen, nur ich nicht, wo man mir alles (!) andrehen könnte und wo ich aufpassen muss, nicht alles zu kaufen, Nicht, weil ich wollte, sondern weil ich so schlecht nach längerer Beratung sagen kann, dass ich lieber noch mal überlege, während ich meine: „Hast du mal gesehen wie häßlich das ist, du komischer Verkäufer?!“
„Du bist einfach nicht symmetrisch“ sagt der freundliche Verkäufer mit der „coolen“ Lederjacke schulterzuckend. Jetzt bloß nicht als Polizistin auffallen, dann wird alles ein bisschen teurer, denke ich, und sehe ob des Asymmetrievorwurfs wohl ein wenig bedröppelt aus, mit meinem zusammengequetschten Mondgesicht unter dem Helm. Jedenfalls schiebt er nach, dass bis auf Cleopatra wohl niemand symmetrisch sei, auf der Welt. „Einigermaßen gerettet!“ nuschele ich in den Helm und probiere anschließend einen anderen an.
Der sitzt besser. Ist wohl genau so asymmetrisch wie ich, denke ich, aber: Hauptsache passt. Mit Helm und dem komischen Gefühl, als guckte mich jetzt hier jeder an, folge ich dem Lederjackenmann, der mir immer sympathischer wird, zu den Handschuhen. „Dein Kollege hat mir schon welche gezeigt, die mir gefielen, letzte Woche. Aber die hattet ihr nicht in der richtigen Größe.“ versuche ich mit Blick auf die fast fünf Meter Regal die Suche abzukürzen. „Top! Dann sach ma, welche!“ antwortet der Verkäufer und lässt den Blick durchs Regal schweifen. „Ich äh… die waren schwarz!“ 99% der Handschuhe hier sind schwarz, aber ich habe in den letzten Wochen so viele Hosen, Handschuhe, Jacken und Helme gesehen, dass ich mir nicht eine einzige Marke merken konnte. „Schwarz?! Samma: veräppelst du mich?“ lacht der Verkäufer los, erkennt dann aber trotz meines Helmknautschgesichts wie ernst ich das meine. „Ich verarsch dich nicht, die waren echt schwarz…“ lache ich mit: „… und die hatten n kurzen Schaft, waren für den Sommer und kosteten an die 90,- Euro!“ Nach ein paar Versuchen probiere ich an, was ich meinte. Meine Größe allerdings gibt es auch heute nicht.
„Handschuhe schicken wir dir nach Hause… wolltse den Helm gleich aufbehalten? Dann rufen se aber die Bullen wenn du mit Helm im Auto nach Hause fährs‘. Würd ich mir also überlegen…“ – „Nä, das wär mir nicht so recht. Mit denen will ich nix zu tun haben… dann setz ich den wohl ma besser ab!“ Jetzt gucken die Menschen im Laden nicht mehr wegen des leuchtenden Helms sondern der verknüddelten Haare. Also schnell zahlen und dann nix wie raus hier.
An der Kasse gebe ich den Helm zurück. Während ich gleich anderswo mit Helmfrisur weitershoppe baut mir der Verkäufer noch das Headset ein. Er nennt das allerdings konsequent „Intercom“ – als wollte ich damit zum Mars reisen und nicht auf die L699.
In den nächsten Tagen sollte ich mich dann endlich mal der Vorbereitung auf die Theorieprüfung widmen und dann, finally, sitze ich zum ersten Mal aufm Motorrad. Mit behelmtem Mondgesicht, schwarzen Handschuhen und dem ganzen anderen Kram, den ich in den letzten Tagen und Wochen zusammengetragen habe, wie ein Eichhörnchen vor dem Winter.
Ach so: dem einzigen absoluten Tipp, den ich bekommen habe, bin ich übrigens natürlich nicht gefolgt und habe jetzt Schuhe, an denen die Schnürung mit Klett gesichert wird. Ich werde also zukünftig entweder denken: „Ich weiß gar nicht, was der hatte.“ oder: „Warum klettet der Scheiß schon nach so kurzer Zeit nicht mehr richtig? Und warum habe ich nicht auf so n simplen Tipp gehört?“ Aber so ist das, wenn man n neues Hobby anfängt. Man macht seine Erfahrungen…


