Das Hobby mit den Dosen, das nicht weggeht, auch wenn’s nervt. 

Der große Hype ist lange vorbei. Zum Glück. Die Hochphase, in der Promis Bücher schrieben, Privatsender Einspieler drehten und Zeitungen Seiten füllten, über diese Verrückten, die mit Satellitentechnik auf Schatzsuche gehen, hat dieses Hobby vor knapp zehn Jahren irgendwie überlebt. Angeschlagen zwar, wie ein Preisboxer auf Crange, aber es ist noch da.

Die Community, von der das Spiel lebt, die gibt und nimmt, sich Dinge ausdenkt und irgendwie ein Miteinander schafft, in dem jeder bestenfalls machen kann, was er will, ist munter gewachsen. Und mit etwas Glück (und wenn man die richtigen Owner kennt) findet man auch heute noch zwischen den Filmdosen an den Leitplanken toll ausgedachte Multis mit eindeutigen, aber kniffeligen Rätseln, trockenen Dosen und gepflegten Logbüchern.

Seit Februar 2007 bin ich teil dieser Community. Knapp 10 Dosen habe ich selbst unter diversen Accounts für die Anderen in die Landschaft geworfen. Wie viele ich gefunden habe – keine Ahnung. Seit damals GSAK ne Sache wurde und jeder sich massenhaft Tradis auf sein 60er laden konnte ging mir die Statistiktreiberei dermaßen auf den Keks, dass ich einfach zu loggen aufhörte und nur noch gelegentlich Notes schrieb. Manchmal sogar freundliche. Zu oft waren die Logbücher feucht, die Dosen in Plastiktüten gewickelt oder die Verstecke an Orten, aus denen man ohne vollständigen Impfschutz seine Griffel besser fern hält.

Mit dem Siegeszug der Smartphones kam dann endgültig der große Cache- Ramsch. Jeder, der einigermaßen fehlerfrei sein Handy entsperren konnte und auf RTL einen Beitrag übers Dosensuchen gesehen hatte, war plötzlich Geocacher. Ich will nicht sagen, dass die mit den Smartphones an allem Schuld sind, ich stehe auch seit Jahren mit dem Handy im Wald. Der Durchschnittsqualität der Caches hat allerdings der flächendeckende Abwurf von Fertigdosensets mit knüddeligen Logstreifen endgültig den Rest gegeben. Ausgelegt und eingereicht sind solche Tradis schneller, als einer „Gut gefunden!“ loggen kann. Dass man als Owner vielleicht auch ab und an mal einen neuen Logstreifen auslegen, die Dose checken und ganz oldschool sogar Stichproben machen könnte, ob die Logs im Internet mit denen im Logbuch übereinstimmen, scheint sich zur Generation: „Hä?! Wie habt ihr das denn ohne google Maps und Handy damals überhaupt gemacht?“ nicht durchgehend rumgesprochen zu haben.

Wenn man so alt ist wie ich kann man zwar versuchen den Smartphone- Verwöhnten Dinge wie PDA und GPS- Maus zu erklären – mir ist das allerdings meist zu anstrengend. Klingt sicher auch schlimm nach: „Ach, Kinder, wir hatten ja nichts… mit dem Bollerwagen sind wir losgezogen…“ und in dem Alter bin ich dann vielleicht doch noch nicht.

Ich stelle jedenfalls fest, dass die meisten tollen, ausgefuchsten, liebevollen Caches noch immer oft von den Menschen sind, die wie ich als GC- Dinosaurier aus einem Land vor unserer Smartphone- Zeit kommen.

Da es mir im Gegensatz zu anderen Hobbies beim Geocaching mangels Log-Lust an einer aussagekräftigen Buchfürung hapert wirkt mein Account wie entweder aus der Zeit gefallen oder auffallend erfolglos. Nur knapp 400 mal habe ich mich zu einem Log durchgerungen. In 15 Jahren. Statistikcacher lachen sich darüber tot. 400 Dosen, das macht so ein Powercacher im Monat. In wie vielen Logbüchern ich tatsächlich stehe: keine Ahnung. Meinen Namen auf klamme Logstreifen zu anderen unleserlichen Kritzeleien zu quetschen habe ich nie eingesehen. Und bei den schönen Multis, den außergewöhnlichen Mysteries und den besonderen Letterboxes habe ich eben Notes geschrieben. Bockig, wie ich bin..

Dass ich „nicht mitreden“ kann weil ich „ja noch gar nicht genug gesehen hab, von dem Hobby“, hat mir in 15 Jahren erst ein Owner geschrieben. Einer von der „auch mitten im Wald tut es ein Nano“ und „Cachepflege? Warum ich, kann doch jemand mal n Logstreifen reintun und den alten entsorgen“ Sorte. Alle anderen hatten angenehmere Manieren.

Nun jedenfalls fand ich beim Aufräumen ein Kiste mit Lock&Lock Dosen, Logbüchern und den vielen alten Stationen, die ich von meinen damals ausgelegten und irgendwann wieder eingesammelten Multis aufbewahrt hatte. Da saß ich dann am Küchentisch, und knösterte. Und vertiefte mich in die zusammenzulegenden Würfel, zu schraubende Riesenschrauben, Behelfswaagen, mit Wasser zu füllende Röhrchen und diverse Puzzle, und hatte die Wahl: entsorgen, den Kram, oder doch noch mal Dosen auslegen, pflegen, mich über Kurzlogs und dösige DMs ärgern und Smartphone-Cacher verfluchen?!

Ich hab mich fürs Auslegen entschieden. Keine Multis, deren Pflege mich in der Vergangenheit echt Nerven gekostet hat, sondern Tradis. Und – ganz verrückt – ein Adventure Lab mit Bonus. Man kann ja nicht immer nur über neumodischen Scheiß klagen, wenn man ihn selbst nicht ausprobiert.

Am Ende ist die Dosensuche eins der Hobbies, die nicht weggehen, auch wenn sie echt Nerven kosten. Auch wenn die schönen Multis in der Gegend alle erledigt oder archiviert sind, und wenn ich auch nicht mehr dran glaube jemals auf eine gut gepflegte Tradirunde zu treffen, so richtig mit trockenen Logbüchern, Bleistiften und Anspitzern.  

Vielleicht muss ich einfach meine Ansprüche anpassen. Oder öfter NA loggen. Ach nee. Geht ja gar nicht mehr sondern heißt ja heutzutage „ein Problem melden“. Nicht mal richtig rumpöbeln kann ich mehr. Ich sag ja: das Hobby ist nicht mehr, was es mal war…

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