Drei Tage über Xanten und Arcen – Tag 3

Im Gegensatz zum Fahrradknäuel in der Scheune war das morgendliche Frühstücksbuffet heute morgen über jeden Zweifel erhaben. Tina nutzte die Gelegenheit, sich gleich mal in Holland einen Namen zu machen, indem sie die Smoothie- Auslage mit einem Handstreich und riesen Gepolter in der Smoothie- Asulagen- Kühltheke versenkte und den Tatort dann mit dem noch gerade rechtzeitig vor dem Zusammenbruch ausgesuchten Smoothie verließ. Ärgerlich nur, dass sie sich in der Folge nur noch sehr schüchtern ans übrige Buffet wagte, immer in der Hoffnung, dass die anderen Gäste nicht zu laut über ihren peinlichen kleinen Stunt tuscheln würden.

Trotz Smoothiethekeninstabilität würde ich das Hotel mit seinen niedlichen Kunstrasentischen und der chaotischen Fahrradparksituation jederzeit wieder empfehlen. Falls ihr hier Rast macht, fragt vielleicht eure Begleitung, ob sie euch einen Smoothie mitbringt. Sicher ist sicher.

Auch heute stieg ich naturgemäß leicht jankend in den Sattel, wusste aber immerhin, dass sich das nach wenigen Kilometern komplett erledigt haben würde. Die Sitzposition sollte uns heute also kein Stöckchen mehr in die Speichen halten, etwas anderes allerdings schon. Und zwar: meine Laune.

Denn auf den 85 finalen Kilometern zurück nach Fischlaken waren Fahrrad, Anhänger und Gesäß in weitaus besserem Zustand als mein Gemüt. Noch immer kann ich nicht sagen, ob die dauernd auf den Hirn bratende Sonne, zu wenig Trinkpausen, mangelnde Vorbereitungszeit im Sattel oder der Respekt vor der Gesamtstrecke mir zum Verhängnis wurden. Jedenfalls hatte ich, obwohl das Quatsch war, den Eindruck, heute rollte es nicht. Jeder Kilometer war quälend lang, der Blick wollte sich von Komoot und der noch zu absolvierenden gar nicht lösen. Und so gelang es mir heute dann auch nicht mehr diejenige zu sein, die die Laune nicht in den Keller zieht. Bzw diejenige, die Zuspruch und ein paar Boxenstopps mehr braucht. Was für ein Geschenk, dass links von mir so eine immerzu optimistische, aufmunternde und tolle Tina trampelte, die mir die Zeit bis zum nächsten Päuschen mit Schwänken aus ihrer Jugend oder den neusten Polizeigeschichten verkürzte, wohl immer in der Sorge mich gleich in den Anhänger verstauen und nach Hause ziehen zu müssen.

Dabei war es gar nicht der Körper, der da nicht mehr wollte. So ein E-Bike bietet ja nun wirklich dem faulsten Hund die Chance, drei Tage nach Holland zu radeln. Es war, und diese Erfahrung war mir neu, allein der Kopf, der sagte: „Lass uns einfach anhalten und von nun an neben der niederländischen Bundesstraße wohnen. Fahrradfahren, das ist nichts für uns. Setzen wir uns einfach und warten auf bessere Zeiten…“

An dieser Stelle daher noch einmal mehr und noch einmal sehr deutlich: Danke, Tina! Ohne dich lebte ich jetzt in einem Zelt an der Bundesstraße irgendwo zwischen Straelen und Kerken.

So aber gelang es mir, dieses nervige Tief zu durchradeln und einen Zwischenstopp in einem Biergarten als erreichbares Ziel zu deklarieren; nicht ahnend, dass der Biergarten an diesem Wochenende infolge des jährlichen Seefestes fest in der Hand eines unfassbar schlechten Schlager- DJs geraten war. Es half allerdings alles nichts, ich brauchte diese Pause und vermutlich auch diese dröge Bockwurst. Und ich weiß sehr zu schätzen, dass Tina hier nicht partout den Stopp verweigerte und mich weiter zurück Richtung Ruhr schob.

Nun also sollte die letzte Etappe uns über den Rhein zurück ins Ruhrgebiet führen. Mangels meiner Motivation wurde die Strecke zugunsten eines früheren Ankommens ein wenig gekürzt, führte uns dafür aber zu großen Teilen nicht mehr abseits der Städte sondern mittenmang über Duisburger Fahrradwege durchs Ruhrgebiet. 

Mir machte das, weil ich ja eh seit heute morgen nur auf Komoot und weniger auf die Landschaft schaute, wenig aus. Tina sah über die zeitweise Hässlichkeit der Route in ihrer großzügigen Art freundlicherweise hinweg und lotste uns sicher zurück in bekanntes Terrain an der Ruhr entlang in Richtung Baldeneysee. 

Und wenige Minuten bevor wir vom See noch einmal kurz bergauf in Richtung Fischlaken zu radeln hatten, gab es zum Abschluss der Runde ein Rundenabschlusseis und ich nahm mir vor, vor der nächsten Runde ein wenige besser aufs im Sattel sitzen und alle anderen Herausforderungen einer Dreitagestour vorbereitet zu sein. Denn: trotz des Zwischentiefs bin ich sicher: es gibt nicht viele bessere Optionen, die nähere und weitere Heimat zu erkunden, als auf den Radwegen durchs, im und ums Revier. 

Danke, Tina. Das hat großen Spaß gemacht, und das lag zu großen Teilen daran, dass du unendlich geduldig, immer gut gelaunten und lächelnd links neben mir her geradelt bist.. nur über deinen Fahrradkörbchenfarbgeschmack kann man wirklich streiten…

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