Es hat sich Besuch angekündigt. Besuch, mit dem ich eigentlich gar nicht mehr gerechnet hatte in diesem Jahr. Zu viele andere Beschäftigungen hatten sich angesammelt. Aber dann ergab sich plötzlich eine gemeinsame Lücke in zwei sehr verschieden gefüllten Kalendern und irgendwo im Nordosten wurde ein Motorrad getankt und mit Taschen bepackt, und irgendwo im tiefen Westen wurde eine Wohnung grob durchgekärchert und ein Kühlschrank wurde gefüllt. Und dann konnte der Besuch auch schon kommen.
40°C hatte der Wetteronkel angekündigt. 40° – wenn man sich nicht gerade in den Kopf gesetzt hat, auf dem Weg von Paris nach Dakar die Westsahara zu durchqueren sollte man bei solchen Temperaturen nicht auf einem Motorrad sitzen. Da wird die Hirse weich und der Körper medium rare. Umso beruhigter war ich, als sich die Vorhersage in Richtung Anreisetag immer mehr entspannte. Knapp 25° zeigte das Termometer schließlich, als Thom sein Gefährt unter dem nordrhein-westfälischen Carport abstellte. Die Hitze sollte dann erst in den nächsten Tagen kommen. Und: das tat sie.
Unsere Herausforderung würde also, zu überlegen, was denn bei weit über 30°C die lohnenswerten Tourispots im Reviers sind. Was will man gesehen haben, wenn man nur zwei Tage Zeit hat für diesen ineinander verkeilten Städtekladderadatsch zwischen Duisburg und Dortmund? Und wie viel Draußen kann man sich bei dem Wetter überhaupt zumuten. Das Ding ist: Ich bin selbst in einigen Ecken des Reviers noch nicht gewesen und kenne manche Wahrzeichen nur aus dem Vorspann diverser WDR Lokalzeiten. Oder von diesen braunen Autobahnschildern, neben denen mal hier gelegentlich im Stau steht.
Wäre es nicht so heiß, wäre die Entscheidung leichter. Zum Tetraeder könnte man latschen, die Halde erobern, von oben runter gucken und Sachen sagen, wie: „Gan’ schön grün bei uns, wonnich?“ oder: „Is aber kein richtiger Berch, ne?! Kommt alles von’ Berchbau!“ Und dann nicken alle. Aber was, wenn Halde wegen Hitze ausgeschlossen ist?
Fährt man zur Villa Hügel und zur Margaretenhöhe? Ins Folkwang- Museum? Zum Landschaftspark nach Duisburg? Verzieht man sich in 14° C kalte Bergbaumuseum, besucht eins der vielen Theater oder setzt sich mit’m Eis anne Ruhr, den vorbei fahrenden Bötchen winken? Wer die Wahl hat…
Für den Tag der Anreise sollten uns all die Touri-Programm-Struggles nicht weiter belasten. Auf die heutige Agenda schafften es noch genau zwei Tagesordnungspunkte: Abendessen am Grill und dann ein satter und zufriedener Umzug aufs Sofa. „Ja wie?“ könnte man jetzt fragen: „Da fährt jemand den halben Tag durch die Republik und dann werft ihr euch abends müde aufs Sofa und guckt n Tatort? Das geht doch nicht…“ – und ich sage dann, dass das sogar sehr gut geht.
Man muss halt die richtigen Menschen zu Besuch haben.