Klar könne ich noch drei Nächte bleiben, allerdings müsse ich dann den Stellplatz wechseln, sagt die Frau an der Rezeption, als ich beschließe, erst Sonntag weiterzuziehen. Das Wetter, und ich nerve euch damit die nächsten Tage dann auch nicht länger, wird wohl Mittelmaß bleiben, und ich sehe irgendwie nicht ein, für mittelmäßiges Wetter noch woanders hin zu fahren.
Lieber kurbele ich bei böigem Wind hektisch und ein bisschen in der Sorge, sie könne ernsthaft Schaden nehmen, die Markise ein, stöpsele den Strom ab und fahre den Brummi ungefähr 50 Meter weiter auf seinen neuen Stellplatz. Von hier aus habe ich einen tollen Blick über den See in Richtung Schwerin und bin mit dem Gedanken, nicht weiterzufahren, gleich noch zufriedener.
“Und heute ist so ein Tag
An dem ich einverstanden bin
Mit dem, was irgendwann sein kann
Und mit allem, was war”
Felix Meyer – “Einverstanden”
singt Felix Meyer aus der Bluetoothbox, als ich auf dem neuen Stellplatz Frischwasser tanke und den fliegenden Teppich vor der Schiebetür in den Boden akkuschraube. Und ich summe ziemlich einverstanden ein bisschen mit.
Gegen Mittag, als der Hund bespaßt und zufrieden im Brummi ruht, radele ich ganz ohne Fifi und ohne Anhänger in Richtung Stadt, um noch einmal den für die kommenden Tage verplanten Herrn Sandmann zu treffen, bevor ich endgültig weiterziehe. Ich weiß nicht wie es euch geht, wenn ihr Menschen besucht, die ihr zwar schon ein bisschen kennt, aber nicht oft besucht. Ich finde das, Drinnie, die ich nun mal bin, immer ein bisschen tricky. Trotz ausdrücklicher Einladung in die sandmannsche Küche treibt mich insgeheim doch ein bisschen die Sorge um, den Absprung zu verpassen, aus Höflichkeit aber nicht rausgeworfen zu werden. Nicht, dass ich dem Sandmann nicht zutraue, durch mehr oder wenige subtile Zeichen (was weiß ich… Anzünden meines Sitzplatzes oder so) diesen Moment ausreichend zu markieren, aber man möchte ja auch niemanden in Verlegenheit bringen. Erst recht niemanden, den man für höflich genug hält, den Rauswurf bis aufs Äußerste hinauszuzögern, der aber im Gegensatz zu mir keinen Urlaub sondern noch Verpflichtungen hat. Als das Gespräch auf den im Auto wartenden Hund kommt bimmeln meine Alarmglocken und ich verschwinde, Drinnie, die nun mal bin (hatten wir das schon?) mit dem Fahrrad aus der Einfahrt, ohne mich von Herrn Sandmann so herzlich zu verabschieden, wie ich mich in seiner Hood in den letzten Tagen willkommen gefühlt habe.
Ich hoffe sehr, mich irgendwann für die gute Zeit und die mecklenburgische Gastfreundschaft revanchieren zu dürfen. Das Bergische Land soll ja für einen Ausflug auf zwei Rädern (ob nun motorisiert oder nicht) auch ein paar schöne Ecken zu bieten haben, habe ich mir sagen lassen. Und ein Zimmer mit oder ohne Frühstück, jedenfalls mit Kaffee und Wachhunden, ist bei uns für freundliche Gäste immer frei.
Am Abend quetscht mich das Wetter in den Brummi, wo, was ich für einen Sommerurlaub reichlich unverschämt finde, abends nicht zum erstem Mal kurz die Heizung läuft.
Mit warmen Füßen und einer Tasse Kakao (warte, habe ich vergessen vor dem Winterurlaub wieder nach Hause zu fahren?) sichte ich Fotos und quäle mich durch die letzte Pflichtstunde der Fahrschultheorie. Da fragen wieder Teenies Sachen wie, wozu eigentlich so ein Rückspiegel ist und ob man auf der Autobahn wirklich schneller als 60 fahren muss, und ich bin froh, dass ich dieses Kapitel an schwachsinniger Abendgestaltung heute hinter mir lassen kann. Vielleicht sollte ich mir noch einmal überlegen ob es wirklich so eine gute Idee ist, zwischen diesen vielen Straßenverkehrsexperten nächstes Jahr auf zwei Rädern ohne Knautschzone unterwegs zu sein. Andererseits ist mein Fahrschulzeitplan inzwischen dermaßen zerfasert, dass ich den Lappen eh erst habe, wenn die Kiddos aus dem Zoom Meeting alle schon die Probezeit überlebt oder den Führerschein das erste Mal wieder abgegeben haben. Und aufzuhören ist jetzt ja wirklich keine Option mehr.